Tifinagh has been instrumentalised in recent times like no other script, from the glorified description of Tuareg culture as a matriarchal society where mothers teach children to write in order to preserve their ancient traditions, to the state-imposed ban on the mother tongue and traditional script, and to the use of script as an expression of cultural identity and protest against Arab and French rulers.
The script went through some interesting developments in the course of its history. In the third century BCE to the third century CE, the Libyan Amazigh (Imazighen) abjad called Numidian or Libyco-Amazigh, on which Tifinagh is based, was widely used throughout North Africa and the Canary Islands, it was used for all Amazigh languages. Especially in the area of today’s Algeria and Tunisia, i.e. near the Phoenician settlements, influences of the Phoenician Abjad are recognisable, but the Amazigh script is also based on ancient African symbols. Since about the third century CE, the Tuareg adapted the characters for their languages (the Tuareg languages are a branch of the Amazigh languages). The script adapted in this way is called Tifinagh. The name is possibly a compound of itif (discovery
) and nnegh (our
). The classical Tifinagh was usually written from bottom to top, but any other writing direction was possible.
Tifinagh wurde in jüngster Zeit wie keine andere Schrift instrumentalisiert, von der verklärten Beschreibung der Tuareg-Kultur als matriarchalische Gesellschaft, in der die Mütter den Kindern die Schrift lehren, um ihre uralten Traditionen zu bewahren, über das staatlich verordnete Verbot der Muttersprache und der traditionellen Schrift, bis zur Verwendung der Schrift als Ausdruck kultureller Identität und Protest gegen arabische und französische Machthaber.
Die Schrift durchlief im Laufe ihrer Geschichte einige interessante Entwicklungen. Im dritten Jahrhundert vor bis zum dritten Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung war das libyschstämmige Abjad der Imazighen (Amazigh), das dem Tifinagh zugrunde liegt, weit verbreitet in ganz Nordafrika und den kanarischen Inseln, es wurde für alle Amazigh-Sprachen verwendet. Insbesondere im Bereich des heutigen Algerien und Tunesien, also nahe der phönizischen Niederlassungen, sind Einflüsse des phönizischen Abjad erkennbar, der Amazigh-Schrift liegen aber auch antike afrikanische Symbole zugrunde. Seit etwa dem dritten Jahrhundert n.d.Z. passten die Tuareg die Zeichen für ihre Sprachen an (die Tuaregsprachen sind ein Zweig der Amazigh-Sprachen). Die so angepasste Schrift wird Tifinagh genannt. Die Bezeichnung ist möglicherweise eine Zusammensetzung aus itif (Entdeckung
) und nnegh (unser
). Das klassische Tifinagh wurde meist von unten nach oben geschrieben, jede andere Schreibrichtung war jedoch auch möglich.
In the early 1970s, a Targi from Timbuktu developed a modified script in which he fixed the writing direction from left to right, added symbols for vowels and introduced spaces between words for better readability. The renewed Tifinagh prevailed in only a few countries due to political repression of Tuareg culture. One exception was the country of Niger, where official news was also printed in Tifinagh from then on – initiated and financed by foreign aid organisations. Presumably, only a few tradition-conscious Tuareg were able to read it. In Mali in particular (but also in other North African states), Tuareg children continued to be grouped together in boarding schools, where they were forbidden to use their mother tongue and script as an expression of their primitive culture
under threat of punishment. For this repressive educational policy of the French occupying power, black assistant teachers from the south were used in Mali. After the French left, this strategy was continued and eventually led to violent conflicts between the Tuareg and the black African ruling class.
In Paris in the late 1960s, Algerian intellectuals of Amazigh origin had formed the Académie Berbère
with the aim of preserving their Amazigh culture in the face of Arab dominance in their homeland. The majority of the members were Kabyles from Algeria, not Tuaregs. One of the means to maintain their tradition was to modernise the Tifinagh with extensions to represent Arabic and European sounds. However, the script, now called Neo-Tifinagh
, shows such major changes compared to the classical Tifinagh that it is completely incomprehensible to Tuareg who know how to write. Thus, the script has become more a symbol of cultural identity (of the Imazighen) than a means of communication.
In Morocco, where the use of writing was still punishable until the 1990s, the Shilha Amazighs increasingly use Tifinagh to underline their identity as Amazighs. The script is even taught in schools here.
Anfang der 1970er Jahre entwickelte ein Targi aus Timbuktu eine modifizierte Schreibschrift, bei der er die Schreibrichtung von links nach rechts festlegte, Zeichen für Vokale hinzufügte und zur besseren Lesbarkeit Leerräume zwischen Wörtern einführte. Das erneuerte Tifinagh
setzte sich aufgrund politischer Repressionen der Kultur der Tuareg nur in wenigen Ländern durch. Eine Ausnahme war das Land Niger, in dem offizielle Nachrichten von da an auch in Tifinagh gedruckt wurden – initiiert und finanziert durch ausländische Hilfsorganisationen. Lesen konnten das vermutlich nur einige traditionsbewusste Tuareg. Insbesondere in Mali (aber auch in anderen nordafrikanischen Staaten) wurden weiterhin Tuareg-Kinder in Internaten zusammengefasst, wo ihnen die Muttersprache und -schrift als Ausdruck ihrer primitiven Kultur
unter Strafandrohung verboten wurde. Für diese repressive Bildungspolitik der französischen Besatzungsmacht wurden in Mali schwarze Hilfslehrer aus dem Süden verwendet. Nach dem Abzug der Franzosen wurde diese Strategie weiter verfolgt und führte schließlich zu gewaltsamen Konflikten zwischen den Tuareg und der schwarzafrikanischen Führungsschicht.
In Paris schlossen sich Ende der 1960er Jahre algerische Intellektuelle nordafrikanischer Herkunft in Paris zu einer Académie Berbère
zusammen, mit dem Ziel der Bewahrung Ihrer Amazigh-Kultur gegenüber der arabischen Dominanz in ihrem Heimatland. Die Mitglieder waren mehrheitlich Kabylen aus Algerien, keine Tuareg. Eines der Mittel, Ihre Tradition aufrechtzuerhalten, war die Modernisierung des Tifinagh mit Erweiterungen, um arabische und europäische Laute darzustellen. Die inzwischen als Neo-Tifinagh
bezeichnete Schrift weist allerdings so große Änderungen gegenüber dem klassischen Tifinagh auf, dass sie für schriftkundige Tuareg völlig unverständlich ist. Damit ist die Schrift eher ein Symbol der kulturellen Identität als ein Kommunikationsmittel geworden.
In Marokko, wo bis in die 1990er Jahre die Verwendung der Schrift noch unter Strafe gestellt wurde, verwenden die Shilha Amazighen vermehrt das Tifinagh, um ihre Identität als Amazighen zu unterstreichen. Die Schrift wird hier sogar in Schulen unterrichtet.