In the eleventh century BCE, the Levantine coast consisted of city states that had prospered through trade between the great empires of the Mediterranean and the Middle East. There was a multitude of different, mostly complex scripts, but the majority of the population could neither read nor write. Highly paid scribes and translators were responsible for delivery notes, contracts and the writing of history.
Im elften Jahhundert vor unserer Zeitrechnung bestand die levantinische Küste aus Stadtstaaten, die durch den Handel zwischen den Großreichen am Mittelmeer und im Nahen Osten zu Wohlstand gekommen waren. Es gab eine Vielzahl unterschiedlicher, meist hochkomplexer Schriften, doch ein Großteil der Bevölkerung konnte weder lesen noch schreiben. Hochbezahlte Schriftgelehrte und Übersetzer waren für Lieferscheine, Verträge und die Geschichtsschreibung zuständig.
The Scribe of Sidon
Die Schreiberin
von Sidon
In the ancient city of Sidon, nestled along the Levantine coast in the year 1050 BCE, there lived a young woman named Adina. Her curious mind and keen eye for detail set her apart from others in her bustling port town.
In der antiken Stadt Sidon an der levantinischen Küste lebte im Jahr 1050 vor unserer Zeitrechnung eine junge Frau namens Adina. Ihr neugieriger Verstand und ihr scharfer Blick für Details hoben sie von den anderen Bewohnern der geschäftigen Hafenstadt ab.
The Marketplace InspirationDie Marktplatz-Inspiration
One scorching day, as Adina walked through the crowded marketplace, she observed the chaos of commerce around her. Camels laden with exotic goods swayed past, while cattle lowed in their pens. Merchants argued over prices, using fingers and hands to convey numbers. In one corner, a monkey performed tricks for a laughing crowd, its owner holding up a wooden goad with a meaningful look on his face.
Als Adina an einem heißen Tag über den überfüllten Marktplatz schritt, beobachtete sie das Chaos des Handels um sie herum. Mit exotischen Waren beladene Kamele zogen vorbei, während das Vieh in seinen Ställen muhte. Die Händler stritten sich über die Preise und benutzten Finger und Hände, um Zahlen zu übermitteln. In einer Ecke führte ein Affe Kunststücke für die lachende Menge vor, während sein Besitzer mit vielsagendem Blick einen Ochsenziemer in die Höhe hielt.
Market women waved their arms and offered a wide variety of goods for sale at their stalls: dates and figs, fine spices, fish in water buckets and valuable fabrics.
Adina’s eyes darted from scene to scene, her mind racing. If only there were a way to record all this activity in a simple way, she thought, to capture the essence of our daily lives and preserve it for future generations.
Marktfrauen boten mit den Armen fuchtelnd an Ihren Ständen verschiedenste Ware feil, Datteln und Feigen, edle Gewürze, Fisch in Wasserbottichen und wertvolle Stoffe.
Adinas Augen huschten von einer Szene zur anderen, ihre Gedanken rasten. Wenn es doch nur eine Möglichkeit gäbe, all diese Aktivitäten auf eine einfache Art aufzuzeichnen, dachte sie, um die Essenz unseres täglichen Lebens einzufangen und für künftige Generationen zu bewahren.
The Dream and the SnakeDer Traum und die Schlange
That night, as Adina slept in her modest abode, a tent in a courtyard of her parent’s house, a vivid dream came to her. A serpentine figure, scales glistening like water droplets, slithered through her tent door and out into the yard. The snake’s sinuous body twisted and turned, leaving marks in the sand that seemed to tell a story.
In dieser Nacht, als Adina in ihrer bescheidenen Behausung, einem Zelt im Hof ihres elterlichen Hauses, schlief, hatte sie einen lebhaften Traum. Eine schlangenartige Gestalt, deren Schuppen wie Wassertropfen glitzerten, schlängelte sich nach draußen durch die Zelttür in den Innenhof. Der gewundene Körper der Schlange drehte und wendete sich und hinterließ Spuren im Sand, die eine Geschichte zu erzählen schienen.
stick
Adina awoke with a start, her heart pounding. She rushed to the courtyard, half-expecting to see the snake’s trail, but found only the smooth sand. Undeterred, she grabbed a stick and began to recreate the shapes from her dream.
Adina erwachte mit einem Schreck, ihr Herz pochte. Sie eilte in den Hof, halb in der Erwartung, die Spur der Schlange zu sehen, aber sie fand nur den glatten Sand. Unbeirrt schnappte sie sich einen Stock und begann, die Formen aus ihrem Traum nachzuzeichnen.
The Birth of Linear ScriptDie Geburt der Linearschrift
For days, Adina worked tirelessly, refining the marks she had seen. She drew inspiration from everything around her: the curve of a fish hook, the spokes of a wheel, the beam of a scale used to weigh precious metals. She drew everyday objects such as a house, a window and a wall. She simplified the shape of a mouth with teeth, an eye, and a head. She systematised the sounds of her language and assigned them to the images.
Tagelang arbeitete Adina unermüdlich an der Verfeinerung der Zeichen, die sie gesehen hatte. Sie ließ sich von allem inspirieren, was sie umgab: die Kurve eines Angelhakens, die Speichen eines Rades, der Balken einer Waage, mit der Edelmetalle gewogen werden. Sie zeichnete alltägliche Objekte wie ein Haus, ein Fenster und eine Mauer. Sie vereinfachte die Form eines Mundes mit Zähnen, eines Auges und eines Kopfes. Sie systematisierte die Laute ihrer Sprache und ordnete sie den Bildern zu.
Using papyrus brought by traders from Egypt, Adina practiced her new symbols. Each mark represented a sound, and when combined, they could form words and sentences. She created a system that could capture the spoken language of her people.
Mit Papyrus, das Händler aus Ägypten mitgebracht hatten, übte Adina ihre neuen Symbole. Jede Markierung stand für einen Laut, und wenn sie kombiniert wurden, konnten sie Wörter und Sätze bilden. Sie schuf ein System, das die Sprache ihres Volkes erfassen konnte.
The Secret of the Left HandDas Geheimnis der linken Hand
What few knew about Adina was that she was left-handed, a trait that set her apart in a world that favored the right hand. This uniqueness extended to her most prized possession: a small, ornate treasure chest passed down through generations. Within its cedar-scented confines lay fragments of ancient papyri, covered in mysterious symbols that even Adina’s sharp mind couldn’t decipher. These were the legacy of her ancestors, whispers from a forgotten past.
Was nur wenige über Adina wussten, war, dass sie Linkshänderin war, eine Eigenschaft, die sie in einer Welt, die die rechte Hand bevorzugte, auszeichnete. Ihr wertvollster Besitz war eine kleine, verzierte Schatztruhe, die über Generationen weitergegeben wurde. In ihrem nach Zedernholz duftenden Inneren befanden sich Fragmente alter Papyri, die mit geheimnisvollen Symbolen bedeckt waren, die selbst Adinas scharfer Verstand nicht entziffern konnte. Es waren die Hinterlassenschaften ihrer Vorfahren, Geflüster aus einer vergessenen Vergangenheit.
As she worked on her own script, Adina would often pause to trace these enigmatic marks with her left hand, feeling a connection to those who came before her. She wondered if, someday, her own writing might become as mysterious to future generations as these ancestral symbols were to her.
Während sie an ihrer eigenen Schrift arbeitete, hielt Adina oft inne, um diese rätselhaften Zeichen mit ihrer linken Hand nachzuzeichnen, denn sie fühlte sich mit denen verbunden, die vor ihr kamen. Sie fragte sich, ob ihre eigene Schrift eines Tages für künftige Generationen ebenso rätselhaft sein könnte wie diese Symbole für sie.
The RevelationDie Offenbarung
As news of Adina’s invention spread, jubilation filled the streets of Sidon. Merchants saw the potential for keeping records, storytellers envisioned preserving their tales, and rulers recognized a new way to send messages across vast distances.
Als sich die Nachricht von Adinas Erfindung verbreitete, herrschte in den Straßen von Sidon großer Jubel. Händler sahen die Möglichkeit, Lieferscheine zu erstellen, Geschichtenerzähler wollten ihre Erzählungen festhalten, und Herrscher erkannten eine neue Möglichkeit, Nachrichten über große Entfernungen zu übermitteln.
Adina’s script became known as the Phoenician alphabet, a system that would go on to influence writing systems across the Mediterranean and beyond. The young woman from Sidon had given her people, and the world, the gift of written language.
Adinas Schrift wurde als phönizisches Alphabet bekannt, ein System, das später die Schriftsysteme im gesamten Mittelmeerraum und darüber hinaus beeinflussen sollte. Die junge Frau aus Sidon hatte ihrem Volk und der Welt das Geschenk der Schriftsprache gemacht.
And so, the tale of Adina, the scribe of Sidon, became a legend passed down through generations, a story of how a dream and a keen mind could change the course of history.
Und so wurde die Geschichte von Adina, der Schreiberin von Sidon, zu einer Legende, die über Generationen weitergegeben wurde, eine Geschichte darüber, wie ein Traum und ein scharfer Verstand den Lauf der Geschichte verändern konnten.
ProfileProfil
writing categorySchrifttyp
Phoenician is a lefthanded abjad. The lines follow from top to bottom.
Phönizisch ist ein linksläufiges Abjad. Die Zeilen folgen von oben nach unten.
All human beings are born free and equal in dignity and rights. They are endowed with reason and conscience and should act towards one another in a spirit of brotherhood.Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.
CharactersSchriftzeichen
𐤀 𐤁 𐤂 𐤃 𐤄
𐤅 𐤆 𐤇 𐤈 𐤉 𐤊
𐤋 𐤌 𐤍 𐤎 𐤏
𐤐 𐤑 𐤒 𐤓 𐤔 𐤕
CharactersSchriftzeichen
In contrast to the complex and inconsistent writing systems of the then great empires of Egypt, Assyria, Mycenae and Anatolian Hatti, whose mastery required years of study and was thus reserved for a privileged class, the Phoenician script offered the possibility of making writing accessible to the ordinary population for the first time. Phoenician writing was easy to learn and, because of its flexibility, could be used for different languages; it was used for delivery notes, orders, narratives, news and documents of various kinds. In the north, in the city of Ugarit, a cuneiform script was created on the same principle, but it fell into disuse with the fall of the city in the 12th century BCE. The 22 Phoenician letters are the basis for the Aramaic, Ancient South Arabian and Greek scripts, which allowed the script to spread worldwide.
Gegenüber den komplexen und uneinheitlichen Schriftsystemen der damaligen Großreiche Ägypten, Assyrien, Mykene und dem anatolischen Hatti, deren Beherrschung jahrelanges Studium erforderte und damit einer privilegierten Schicht vorbehalten war, bot das phönizische Schriftsystem erstmals die Möglichkeit, das Schreiben dem allgemeinen Volk zugänglich zu machen. Die phönizische Schrift war einfach zu erlernen und konnte aufgrund ihrer Flexibilität für verschiedene Sprachen benutzt werden; sie wurde für Lieferscheine, Bestellungen, Erzählungen, Nachrichten und Dokumente verschiedenster Art verwendet. Im Norden, in der Stadt Ugarit, wurde nach dem gleichen Prinzip eine Keilschrift kreiert, die aber mit dem Untergang der Stadt im 12. Jahrhundert unserer Zeitrechnung nicht weiter verwendet wurde. Die 22 phönizischen Buchstaben sind die Grundlage für die aramäische, altsüdarabische und griechische Schrift, wodurch sich die Schrift weltweit verbreiten konnte.
PhoenicianPhönizisch
𐤄hēh
𐤃dāletd
𐤂gīmlg
𐤁bētb
𐤀’ālepʔ
𐤊kāpk
𐤉yōdj
𐤈ṭēttˤ
𐤇ḥētx
𐤆zaynz
𐤅wāww
𐤏ʿayinʕ
𐤎śāmeks
𐤍nūnn
𐤌mēmm
𐤋lāmedl
𐤕tāwt
𐤔šīnʃ
𐤓rešr
𐤒qōpq
𐤑ṣādēsˤ
𐤐pēp
Proto-SinaiticProtosinaitisch
hawh
digd
daltd
gīmlg
baytb
’alpʔ
kapk
yadj
ḥaṣrx
ziqqz
waww
ʿaynʕ
naḥašn
maymm
lamedl
tawt
šimšʃ
rašr
qobaq
pitp
Most of the characters are derived from Egyptian hieroglyphs, however the phonetic value does not correspond to the ancient Egyptian pronunciation, but is determined (as with the original hieroglyphs) according to the acrophonic principle, albeit in relation to the Phoenician pronunciation. The Proto-Sinaitic letters therefore do not have the same pronunciation as the related Egyptian hieroglyphs, but the same meaning.
Die meisten Zeichen sind von ägyptischen Hieroglyphen abgeleitet, der Lautwert entspricht aber nicht der altägyptischen Aussprache, sondern wird (wie bei den ursprünglichen Hieroglyphen) nach dem akrophonischen Prinzip bestimmt, allerdings bezogen auf die phönizische Aussprache. Die proto-sinaitischen Buchstaben haben also nicht die gleiche Aussprache wie die verwandten ägyptischen Hieroglyphen, sondern die gleiche Bedeutung.
The possible meaning of the characters
Die mögliche Bedeutung der Zeichen
Sources, links and further readingQuellen, Links und weiterführende Literatur