IntroductionEinleitung
The oldest finds of the Kharoṣṭhī script that can be dated with certainty are emperor Ashoka’s inscriptions in Shāhbāzgaṛhī and Mānsehrā from the middle of the third century BCE. It is quite probable that the script was not a commissioned development of Ashoka’s but existed beforehand, since it was already fully developed during the reign of the ruler, and was exclusively used for inscriptions in the northwest of the empire. However, there are no finds from the time before the Maurya empire, and it is impossible to search for it today due to the political situation in the area.
Apart from the numerous testimonies in Gandhāri or Sanskrit, there are some finds in Bactrian, Pali and Sakish, as well as coins with bilingual inscriptions (Greek/Pali) and bilinguals with Tocharian and Scythian-Sakish translations. With the invasion of the Huns in the fifth century CE, the use of writing Kharoṣṭhī fell into disuse in the Indian cultural area, but remained in use in Central Asia along the Silk Road until the seventh century.
Die ältesten sicher datierbaren Funde der Kharoṣṭhī-Schrift sind die Inschriften Kaiser Ashokas in Shāhbāzgaṛhī und Mānsehrā aus der Mitte des dritten Jahrhunderts vor der Zeitrechnung. Es ist durchaus vorstellbar, dass die Schrift keine Auftragsentwicklung Ashokas war, sondern schon vorher existierte, da sie zur Regierungszeit des Herrschers bereits voll ausgebildet war und ausschließlich im Nordwesten des Reiches für die Inschriften verwendet wurde. Es existieren allerdings keine Funde aus der Zeit vor dem Maurya-Reich, und es ist aufgrund der politischen Situation nicht möglich, heute in dem Gebiet danach zu suchen.
Außer den zahlreichen Schriftstücken in Gandhāri oder Sanskrit gibt es einige Funde in Baktrisch, Pali und Sakisch, sowie Münzen mit zweisprachiger Beschriftung (Griechisch/Pali) und Bilinguen mit tocharischen und skythisch-sakischen Übersetzungen. Mit dem Einfall der Hunnen im fünften Jahrhundert unserer Zeitrechnung geriet die Verwendung der Schrift im indischen Kulturraum außer Gebrauch, in Zentralasien entlang der Seidenstraße wurde sie noch bis in das siebte Jahrhundert verwendet.
ProfileProfil
writing categorySchrifttyp
Kharoṣṭhī is a derivative of the Aramaic abjad and thus belongs to the Phoenician script family. It is a lefthanded abugida. The lines follow from top to bottom.
Kharoṣṭhī ist ein Abkömmling des Aramäischen Abjads und gehört damit zur phönizischen Schriftfamilie. Es ist eine linksläufige Abugida. Die Zeilen folgen von oben nach unten.
periodZeitraum
250 BCE — 600 CE250 BCE — 650 CE
languagesSprachen
- Sanskrit
- Gandhāri
- BactrianBaktrisch
- Pali
- SakishSakisch
unicodeUnicode
Kharoshthi 10A00 – 10A5F
Family Tree North IndiaStammbaum Nordindien
ExampleTextbeispiel
HistoryGeschichte
The Kharoṣṭhī is considered a link between the Western scripts, which are based on the Phoenician abjad, and the Indian abugidas evolved from the Brāhmī. In fact, the individual letters of the Kharoṣṭhī are graphically derived from Aramaic, which was used in the Persian empire and was known in Gandhāra. However, the sound assignment is different, the characters are pronounced differently. Model for the Kharoṣṭhī was the cursive Aramaic of the Achaemenid Empire. The direction of writing from right to left was also adopted, at least in the vast majority of the pieces of writing, the variant of which is now referred to as Kharoṣṭhī A
. A few finds are written from left to right in the Kharoṣṭhī B
variant, in which the letters are mirrored.
Kharoṣṭhī gilt als Bindeglied zwischen den westlichen Schriften, die auf dem phönizischen Abjad basieren, und den indischen Abugidas, die von der Brāhmī abstammen. Tatsächlich sind die einzelnen Buchstaben der Kharoṣṭhī grafisch vom Aramäischen abgeleitet, das im persischen Großreich benutzt wurde und in Gandhāra bekannt war. Allerdings ist die Lautzuordnung eine andere, die Zeichen werden anders ausgesprochen. Vorlage für die Kharoṣṭhī war das im Achämenidenreich verwendete kursive Aramäisch. Die Schreibrichtung von rechts nach links wurde beibehalten, jedenfalls bei der überwiegenden Mehrzahl der Schriftstücke, deren Schriftvariante heute mit Kharoṣṭhī A
bezeichnet wird. Einige wenige Funde sind von links nach rechts in der Variante Kharoṣṭhī B
geschrieben, bei der die Buchstaben gespiegelt sind.
In terms of the graphical appearance, there are hardly any similarities with the Brāhmī, which emerged in India at the same time as the Kharoṣṭhī. Brāhmī is — if related at all — graphically more similar to the Imperial Aramaic than to the cursive Kharoṣṭhī. While Kharoṣṭhī was designed for one language, namely Gandhāri, Brāhmī seems to be a script developed from the beginning for the many Indian languages of the Maurya Empire. The order of the letters according to pronunciation originates from the Brāhmī and is also applied to the Kharoṣṭhī today. The concept of the inherent vowel and the vowel marking of consonants is common to both scripts, the Kharoṣṭhī and the Brāhmī. It is very unlikely that this concept, which is later found in all Indian scripts, originated independently. Since the first evidence of the Brāhmī that can be dated with certainty, like that of the Kharoṣṭhī, are the edicts of Ashoka, in which both scripts are already fully developed, it is difficult to decide which of the scripts introduced the concept of the abugida.
Im Schriftbild gibt es kaum Gemeinsamkeiten mit der Brāhmī, die zeitgleich mit der Kharoṣṭhī in Indien aufkam. Brāhmī ist — wenn es überhaupt verwandt ist — grafisch dem Imperialaramäischen ähnlicher als der kursiven Kharoṣṭhī. Während Kharoṣṭhī für eine Sprache, nämlich Gandhāri konzipiert wurde, scheint Brāhmī eine Schrift zu sein, die von Anfang an für die vielen indischen Sprachen des Maurya-Reiches entwickelt wurde. Die Ordnung der Buchstaben nach artikulatorischen Gesichtspunkten entstammt der Brāhmī und wird heute auch auf die Kharoṣṭhī angewandt. Das Konzept des inhärenten Vokals und der vokalischen Kennzeichnung der Konsonanten ist beiden Schriften, der Kharoṣṭhī und der Brāhmī gemein. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass dieses Konzept, das sich später in allen indischen Schriften wiederfindet, unabhängig voneinander entstanden ist. Da die ersten sicher datierbaren Zeugnisse der Brāhmī ebenso wie die der Kharoṣṭhī die Edikte des Ashoka sind, in der beide Schriften bereits vollständig ausgebildet sind, lässt sich schwer entscheiden, welche der Schriften das Konzept der Abugida eingeführt hat.
CharactersSchriftzeichen
The characters of the Kharoṣṭhī script have a special order. The order is called aracapana
after the first five letters a-ra-ca-pa-ṇa and can be found as acrostic in a hymn of the Laliravistara sutra to praise the achievements of the Buddha. An acrostic is a poem, in which the lines begin with a special order of characters or syllables. This order is still used as a Buddhist mantra today. The stylistic device of the acrostic has its roots in semitic literature and is widely used in works of the western and eastern Religions. The rezitation of the letters in form of a mantra helps to remember the characters.
In the following description I will present the characters in the Brahmic order which is more common and allows the comparison of the script with the other Indian scripts.
Die Buchstaben der Kharoṣṭhī-Schrift haben eine besondere Reihenfolge. Die Anordnung wird Aracapana
nach den ersten fünf Buchstaben a-ra-ca-pa-ṇa genannt und wird als Akrostichon in einer Hymne des Laliravistara Sutra benutzt, die die Errungenschaften Buddhas preist. Ein Akrostichon ist ein Gedicht, bei dem die Zeilen mit einer bestimmten Folge von Zeichen oder Silben beginnen. Diese Reihenfolge wird nach wie vor als ein buddhistisches Mantra benutzt. Das Stilmittel des Akrostichon hat seine Wurzeln in der semitischen Literatur und wird auch in Werken der westlichen und östlichen Religionen benutzt. Die Rezitation der Silben in Form eines Mantras hilft beim Lernen der Zeichen.
In der folgenden Beschreibung stelle ich die Buchstaben in der brahmischen Reihenfolge vor, die verbreiteter ist und einen Vergleich mit den anderen indischen Schriften ermöglicht.
Vyañjana – consonantsKonsonanten
The consonantal letters of an abugida end in the basic form on an inherent vowel, usually pronounced like a schwa (as in about), the Latin transcription is the letter /a/. The first character of the Kharoṣṭhī serves as a vowel carrier. The two additional characters (in brown) are variants of /k/ and /ṭh/.
Die Konsonantenzeichen einer Abugida enden in der Grundform auf einen inhärenten
Vokal, meist wird dieser wie ein Schwa (das deutsche Endsilben-e) ausgesprochen, die lateinische Transkription ist der Buchstabe /a/. Der erste Buchstabe des Kharoṣṭhī dient als Vokalträger. Die beiden zusätzlichen Buchstaben (in braun) sind Varianten von /k/ and /ṭh/.
vargas
gha
gʱəga
gəkha
kʰəka
kəa
əña
ɲəja
ɟəcha
cʰəca
cəṇa
ɳəḍha
ɖʱəḍa
ɖəṭha
ʈʰəṭa
ʈəna
nədha
dʱəda
dətha
tʰəta
təma
məbha
bʱəba
bəpha
pʰəpa
pəavargas
va
vəla
ləra
ɾəya
jəha
ɦəsa
səṣa
ʂəśa
ʃəṭ́ha
ʈʰəḱa
kəvha
vʱəza
zəGandhāri as well as Sanskrit make a clear distinction between aspirated (breathed) and unaspirated consonants; the Roman transcription marks aspiration with a trailing /h/. A characteristic of the Indian languages are the retroflexes (the consonants of the third group), in which the tip of the tongue is bent backwards (as in the American r); these sounds are marked in Latin by an underset dot.
Sowohl Gandhāri als auch Sanskrit unterscheiden deutlich zwischen aspirierten (behauchten) und nicht aspirierten Konsonanten; die lateinische Transkription kennzeichnet die Aspiration mit einem nachgestellten /h/. Charakteristisch für die indischen Sprachen sind die Retroflexe (die Konsonanten der dritten Gruppe), bei der die Zungenspitze nach hinten gebogen wird (etwa wie beim deutschen sch); diese Laute werden im Lateinischen durch einen untergesetzten Punkt gekennzeichnet.
Śakti – vowelsVokale
For pure vowel syllables, the first letter of the Kharoṣṭhī is used as a vowel carrier. The letters are accompanied by modifying marks (the mātrās) which determine the rime of the syllable. In the list, all modifiers are presented using the vowel carrier 𐨀 and the letter 𐨐 as an example.
Für reine Vokalsilben wird der erste Buchsabe der Kharoṣṭhī als Vokalträger benutzt. Die Buchstaben werden mit modifizierenden Zeichen (den Mātrās
) versehen, die den Auslaut der Silbe bestimmen. In der Liste werden alle Modifikatoren beispielhaft am Vokalträger 𐨀 und dem Buchstaben 𐨐 vorgestellt.
svaras
o
oe
eu
ui
ia
əmātrās
ko
koke
kekr
krku
kuki
kika
kə